Ein Ehepaar erzählt einen Witz oder ein Ehepaar schreibt einen Blog.

Da jeder so seine Schwerpunkte hat und definitiv eine eigene Schreibe, bieten wir dieses Mal USA in Stereoskopie in rot und blau. Farbwunsche können geäußert, aber nicht berücksichtigt werden.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Das A-Team

SF 2012

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Der Tag fängt mit einem Flughafentee in retro an. Die Boardingkarten in der Hand, alles auf Anfang Tag 1 – Hurraaa, es geht los!

Soll ich noch berichten, dass zwischenzeitlich die heiligen Aufkleber auf den Reisenpässen, die man NICHT verlieren darf, weg waren? Adrenalinstart gleich am Anfang.

Warten, warten und dann geht’s los. Drei Filme haben wir geschafft, englischkurs zum Einstimmen, und ich bekomme immer wieder das Vegetarische Spezialmenü , dabei heiße ich nicht Bersch und habe normal bestellt. Loriot hätte seine Freude gehabt.

Fantastische Sicht auf die Spielzeuglandschaften unter uns. Dann die Ansage, dass wir Zwischenstop machen werden. Letztes Mal gab es Vulkan, diesmal Winde.

Neufundland bietet das, was man sich so bei Canada von oben so vorstellt: Tannennadelnspitzenwälder, Wasserflächen und Grün gemixt wie ein Filzteppich und dazwischen lila-verrostete Wassertümpel wie aufgetropfte Lötstellen auf der Erde. Faszinierend.

Der kleine Flughafen erinnert an Tempelhof, aber der Tower und das Flughafengebäude eher an eine fröhliche Farm mit Drive-In Charakter. Nach einer halben Stunde tanken geht es weiter, wir wären gerne mal ausgestiegen. Die Landebahn ist kurz und wir machen Dampf auf, um die Piste optimal zu nutzen.

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Als wir endlich in New York landen, trifft uns für drei Minuten Übergang vom Flieger in die Halle der Feucht-heiße Klimahammer: 30°C und 90% Luftfeuchtigkeit. BOUM! Draußen ist kein Wetter, sondern graue Suppe, vielleicht auch ein bisschen Smog. Ein Grund mehr, warum uns NY nur locken würde, wenn wir mal unsere Freundin Judith oder Al besuchen würden.

Wir wissen, dass unsere Zeit zum Umsteigen von gemütlichen drei Stunden auf 45 Minuten geschmolzen ist. Eine interessante Herausforderung. Über die geräuschlosen Einwanderer Teppichen socken durch wir durch die Flure um uns Anzumelden. Der Boden vibriert von den Herden abgefertigter Leute. Ach nein, es sind meine Füße, die noch Flugzeug simulieren. Wie bei Seefahrern die an Land schwanken, gaukelt mir mein Körper noch Flugfeeling vor. Nun pressierts. Klo muss sein, Fingerabdrücke, Stempel – wir sind drin!

Jetzt die Koffer holen, Zoll, re-checkin unseres Gepäcks und Nacktscanner. Auf los geht’s los!

Wir kürzen Schlangen ab, befragen Mitarbeiter auf Rolltreffen, hoppeln zum Kofferrondell.

Unsere Schwarzen Doppelpacks kommen wie unsere Haustiere per Pfiff zahm um die Ecke, auf dem Rollband entgegen- SCHNAPP! – weiter im Schweinsgalopp zum Zoll. Acht Großfamilien vor uns mit Gepäcktürmen, mit denen man einwandern könnte—äh vielleicht tun sie das gerade. Bitte, bitte, Beamtenblick auf den Zollwaschzellel: – nix zu verzollen, sie glauben uns. Ohne Umwege zum re-checkin – noch 12 Minuten.

Der dünne, drahtige Koffer-Sortierer fragt mich mit souliger Stimme: „Deeestineeeschan?“ Wir antworten San Francisco. „You gatta hurry, folks“ lässt er uns wissen. Für mich ist es wie ein Startschuß zum nächsten Dauerlauf – „Leave the suitcase here, Mam!“ – Beinahe hätte ich ihn wieder mitgenommen. So nun aber: noch 9 Minuten. International ist groß und uns steht noch der Sicherheitscheck bevor. Schlangen über Schlangen. Mit geübtem Blick erfassen wir, wo die schnellsten Abfertiger stehen. Eine Geräuschkulisse wie in der Arbeitshalle im Film Metropolis, wenn es Ton gegeben hätte. Rufe, Plastikwannen, Anfeuerungen schneller zu machen, Schuhe aus! – uns ist das nur Recht. Alles flutscht, mit geübten Handgriffen alles wieder an seinen Platz zu stopfen, Andreas zieht im Rennen den Gürtel wieder durch die Hose.

Am Gate steht MÜNCHEN? Nee da wollen wir nicht wieder hin, die hilfsbereiten Damen am Counter werfen uns eine neue Zahl entgegen, ich höre noch „They’re good“, das beruhigt mich wenig, aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Noch 3 Minuten. Durch die Klimaanlagenfahrten sind wir durstig, aber keine Zeit was zu trinken zu kaufen. Da – unsere Schlange, schon mächtig kurz – „Group number 6 ready to board“ – exakt unsere Gruppe, rein und sitzen. Phew!

Aber es dauert noch 1,5 Stunden bis wir abheben, da wir keine freie Bahn kriegen. Durst.Im Flugzeug ist die Air Condition aus, es pustet ein dünnes Lüftchen. Durst. Körpertemperatur gefühlte 42° und nix zu trinken. Durst! Ich wusste nicht, dass Fingerspitzen schmerzen können, wenn man anfängt zu dehydrieren. „We can start the engines in a couple o’ minutes, then we cool you down, folks“ lässt uns der Captain wissen. Ohja bitte! „Thank god“ seufzen die Reihen kollektiv auf. Nach einer weiteren halben Stunde in der Luft gibt es Snacks zu kaufen, dann ENDLICH was zu trinken. Die Kopfschmerzen lassen langsam nach, die Füße pumpen, der Hintern feuchtgeschwitzt. Ein Baby schreit, eiskalte Cola und ein Trashfilm. Das Leben ist schön.
In dem ganzen Wahnsinn erheitert uns der „Schniselkatalog“ nach dem Motto „Was wir haben, brauchen sie noch“ und setzen auf die Einkaufsliste diesen formschönen Antistresshelm. Wer auch einen möchte, wir haben noch Platz im Koffer.

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Nach weiteren 5,5 Stunden Flug in der Sardinenbüchse (das Abendbrot bestand aus 8 Päckchen E225, E34; E118, E9987 – wahlweise mit Zucker als Dragees verkleidet oder Cracker mit Schmierkäse) landen wir so steif wie ein Plastiklöffel im Gefrierfach. Raus, einfach nur raus.

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San Francisco riecht diesmal nach Waschmittel, süßen (verschiedenen) Raumbeduftern und eine Prise Salzluft irgendwo im Hintergrund. Gerüche finde ich in Ländern immer faszinierend. Unser Auto ist diesmal schwarz ohne ominösen Kunst-Kirschduft, auch wenn uns der verkaufsstarke Jack auch Radjiinampour (oder so) doch noch mal um 200$ leichter gemacht hat, weil Andreas angeblich in kein Auto passt. Egal. Ich glaube, das wird ein wichtiges Wort, stelle ich fest.

Unsere schwarze Karre glänzt anthrazitfarben und draußen ist es schon schwarze Nacht. SF begrüßt uns mit einem riesigen Fingernagel-Mond klar umrissen wie aus dem Himmel geschnitten und wir sausen unserem Motel entgegen. Die brandneue ipad-App-Navi-Susi schleust uns lässig über die mehrspurigen Straßen, bis wir auf unser Kingsize Motelbett plumpsen. Essen ist nicht mehr. Um 22:30 Uhr werden die Bürgersteige hochgeklappt – Sushi fällt aus, der einzige Wermutstropfen, aber ein Sixpack Rolling Rock und Cheddar-Sandwich beim Deli umme Ecke tun es auch. Und dann, nach 25 Stunden unterwegs sein, gute Nacht, bis morgen.

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