Lombard – Chestnut – ExplOratorium

Erstaunlich wie man sich an Straßenlärm gewöhnt. Ab punkt 6 Uhr startet der Verkehr, als würden alle ihre Garagen zeitgleich öffnen und ab geht’s. In der ersten Nacht wurde ich von diesem erdbebenartigen Geröhre geweckt – nach vier Nächten ist der Spuk vorbei.

Go Go Golo!

Wieder die Frühstückfrage: gehen wir zum bekannten, liebgewonnenen Ort, oder wagen wir etwas Neues? Wir schauen uns an und entscheiden – neu!

Also die Chestnut wieder runter, ein paar Querstraßen weiter und wieder rum: hier wird fast nur gewohnt. Hmm…also wieder zurück? Nein, im Zweifel wird am Golden Gate Park etwas eingenommen. Und dann werden wir wieder belohnt. Wir finden das Golo!

Klein, hübsch, seeeehr gepflegt und sympathisch. Kunst hängt an den Wänden und die Karte sieht viel versprechend aus. Der Wirt kommt gleich mit Eiswasser – huuuu, das auf nüchternen Magen und einem Streifen „Kuchenbrot“ als Appetizer. Ein Latte, der ausgezeichnet schmeckt – feine Streifen von dunkel bis hell, man fragt sich wie die Maschine das macht.

Ich frage warum Golo? Ich vermute irgendetwas Afrikanisches oder so, denn er ist ein gut aussehender afro-amerikanischer Hüne mit einem unschlagbar sympathischen Lächeln. Bei der Namensfindung seien sie drauf gekommen: Goughstreet/ Ecke Lombard – so ist der Name gleichzeitig Orientierungshilfe wo es sich befindet. Hach, einfach smart.

cafe golo

cafe golo

Befragt wo wir herkommen – der Standardsatz zu Beginn eines Smalltalks, der sich aber schnell verdichtet – antworten wir wahrheitsgemäß und er bohrt weiter und checkt, ob das Blödsinn ist, was wir erzählen. Er stellt grinsend zufrieden fest, dass unsere Story stimmt. Andreas zeigt ihm wie er Quadrupels auf seinem Iphone macht und er ist tief beeindruckt.

Ich frage ihn, ob er schon lange da ist, weil alles so neu wirkt. Nach 3 Minuten Geplänkel kommt die Geschichte, wie Jack seinen Maler fand, der nicht nur Ahnung, sondern auch Geschmack mitbrachte (sein briefing war ungefähr so: stell dir vor der Laden ist eine Frau, in die du verliebt bist und du willst sie zum Essen einladen und ihr die Welt zu Füßen legen – was für eine Vision!). Unversehens plaudern wir nach unserem Frühstück weiter – ein fantastisches Omelett übrigens mit Pilzen, Bratkartoffeln und Kürbis (!) fein gewürzt und gar nicht pampig und ich bekomme eine große, frische Blaubeerwaffel mit einer Orangenscheibe, wie ich noch nie eine Orange geschmeckt habe. Qualität ist das, was bei ihm zählt, erzählt Jack später – wir bestätigen, dass wir das als Deutsche gut verstehen – er lacht. Fast eine halbe Stunde quatschen wir so und wir fühlen uns schon richtig zu Hause. Er verabschiedet uns per Handschlag (eine Auszeichnung und ein großes Stück Intimität jenseits von „have fun“ und „enjoy your stay“). Morgen gehen wir da noch mal hin, denn wir haben total vergessen ein Foto von Jack zu machen.

Beschwingt marschieren wir weiter und zählen die Motels. Es ist beeindruckend wie viele es allein auf dieser Straße gibt. In einem hübschen fragen wir nach dem Preis für unsere Rückreise – diese wechseln nämlich täglich – auch gut zu wissen.

In der Zeitung las ich beim Frühstück eine Anzeige: ein Motelzimmer für 130 $ pro Woche (!) mit einem Gemeinschaftsbad. Da kann man so langsam abschätzen, was hier eine Zweizimmerwohnung oder gar ein Haus kostet. Und überhaupt – manche Häuser sind soooo pittoresk und man kauft die Autos passend zur Hausfarbe!

Pink house

Pink house

Ich will doch nur spielen –  oder: A Child’s Delight – oder : Was Frau Naurath wirklich glücklich macht

Beinahe hätte mich das Spielzeuggeschäft verschluckt und nie wieder herausgegeben. So eine Fülle von netten, unterhaltsamen Kleinigkeiten – abgesehen vom üblichen rosa-Pferde-glitzer-Prizessinnen-Schmock – das macht Laune. Wer hätte gedacht, dass in amerikanischen Puppenhäusern keine Menschen-Familien wohnen, sondern MÄUSE!? Oder Eichhörnchenfamilien oder Hunde oder PANDAS?? Fantastisch. Vielleicht hätte ich doch Mathe ins Abitur genommen, wenn ich die Kopfrechnen-Matrix gehabt hätte? 12 -7 = ? Drück auf den Knopf, und da steht das Ergebnis (gibt es auch als Multiplikationshilfe).

Andrea im "A Child's Delight"

Andrea im "A Child's Delight"

Schuhbinder

Schuhbinder

Bei beginnendem Lachflash beim Blick in den Ratgeber „How to never grow up -Encyclopedia of Immaturity“, zahlt Andreas und schleift seine kichernde Ehefrau hinaus bevor Schlimmeres passiert.

Nur gucken – nix kaufen!

Und dann entdecken wir das Schöneberg von San Francisco. Ein hübscher Laden nach dem anderen, Hundeladen, Babyladen, einen Candyladen- jaaaa! – und ein weiterer Applestore. Also testen wir, ob die iPads hier auch funktionieren. Sie tun es und ich probiere noch schnell ein Spiel aus: den Vorgarten vor Zombies verteidigen – eine äußerst knuffige Comicästhetik…ich fürchte ich muss es dann mal haben…

Andrea im Candyladen

Andrea im Candyladen

Candy Jars

Candy Jars

Wir eisen uns los und marschieren zum Hafen, das Zehlendorf von SF mit einem Hauch Blankenese vielleicht. Topgepflegte Häuser mit großen getönten Scheiben, klar, hier bretzelt erbarmungslos die kalifornische Sonne in die Bude. Ohne die Scheiben würde das Sofa nach vier Wochen aussehen wie eine Kukident-2Pasen Tablette: vorne blau und hinten weiss.

Und wir sind froh, dass wir unsere Nasen eingeschmiert haben…

ExplOratorium

Dann kommen wir am Museum an. Ein technisches Museum zum Ausprobieren. Da ich vor 12 Jahren im Monteray Bay Aquarium begeistert eine halbe Stunde lang die Schwarmfische im Meeresstrom gekurbelt hatte, befürchtete ich Schlimmes. Deshalb blieben wir eng zusammen, damit mich Andreas nicht suchen müsste. Horden von Kindern verteilen sich angenehm in der riesigen Halle. Eine Unzahl von robust gebauten, intelligenten Stationen beschäftigen uns drei Stunden non-stop und wir haben weniger als ein Drittel ausprobiert.

Ring

Ring

Man in the mirror

Man in the mirror

Sand

Sand

Die Amis haben es echt drauf Kurzanleitungen zu schreiben! Unsere drei Favoriten?

Andreas:

  1. Mit einer superstarken Blitzanlage Schattenrisse auf eine riesige Wand zaubern
  2. Eine „Hologramm-Tasse“ mit einer Lampe anleuchten können, obwohl sie nur eine Spiegelung ist
  3. In ein lila Licht gucken und sehen wie das Blut durch das Auge fließt (habe ich ausgelassen – örks)

Andrea:

  1. Auf einer Präzisionswaage „sehen“ wie Wasser verdampft
  2. Zu einem vorproduzierten Hörspiel die Soundeffekte machen (besonders schön war eine Soldatenkompanie = 24 Holzklötzchen an Fäden auf einer Platte „marschieren“ lassen)
  3. Mit einem winzigen Magneten an einer Schnur einen schweren, hängenden Betonklotz so zu bewegen, dass er ins Schwingen kommt

Eine viertel Stunde bevor das Museum schloß, gröhlten alle Mitarbeiter an ihren Ständen, dass nun bald Schluß sei – herrlich – mehr Krach als alle Kids zusammen, und Raus! Ach, und was steht am Ausgang bereit? Ein Riesenspender Sanitizer – denn wir haben ja viel ANGEFASST – iiiihhhh….

Don’t pat the duck

Auf dem Rückweg laufen wir an einem stimmungsvollen Teich vorbei. Mummy sagt zum kleinen zombieartig herumtorkelnden Kind: „ Don’t pat the duck!“ Tja, Mutti, es war leider ein Schwan – macht ja nix…

Noch einen sensationallen Kaffee im The Grove.

Und einen letzten Gang in den Buchladen – gefäääährlich, schaffen es aber ohne Einkauf wieder raus – puuh!

Im Motel angekommen, dampfen die Socken. Eigentlich wollten wir noch mal los, aber unsere letzten beiden Biere und ein kurzer Gang über die Straße für ein Sandwich und Chips tun es auch. Ahhh….Prost und gute Nacht.

3 Antworten zu “Lombard – Chestnut – ExplOratorium

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