Orca – Omelett – Oktagon

Mexikanisches Frühstück und Waffeln in Chestnut Street. Der Herr wählt einen Schichtberg mit „allem wo geht“: Tortillas, Bohnen, Ei, Salsa, Sour creme, Avocado. Die Dame hat das Süsse mit gerösteter Mandelbutter, sieht aber aus wie Ahornsirup. Trotzdem sehr genießbar.

 

Erste Amtshandlung ist das Oktagonhaus. Zwei typische American Ladies begrüßen uns mit Begeisterung und stürzen sich auf uns, um uns ihr Wissen zu vermitteln. Der Name verrät ja schon viel: ein achteckiges Haus, das beim Erdbeben von SF verschont blieb, hatte nur eine Seite eingebüßt. Wer es denn aufbaute und renovierte, ließ es versetzen! Ein imposantes Bild, wie das Holzhaus auf Stelzen und Rädern über die Straße geschoben wird. Wir lernen Details aus der Kolonialzeit: eine Walöl-Lampe kann die Zeit messen, Kerzen müssen in Holzkisten an der Wand hängen, damit Mäuse sie nicht fressen, Babies hatten schon Laufgeräte aus Holz mit einer ausgefeilten Mechanik, damit es in alle Richtungen flitzen konnte. Die Feuerwehr kam nur löschen, wenn vorher eingezahlt wurde und das erste Papiergeld musste man sorgfältig prüfen, weil auf der immer gleich großen Dollarnote stehen konnte: „entspricht  einem halben Dollar, oder entspricht zweihundert Dollar“. Wohl dem, der lesen konnte!

Holzdoppelbetten waren durch Schnur „gefedert“, die ab und zu wieder stramm gezogen werden mussten und das gesamte Bett konnte hochgeklappt werden, um mehr Raum zu schaffen. Das Handarbeitstischchen hatte eine untere Schublade mit Sack, in der das „project“, wie sie erläuterte, gelegt werden konnte. Sie erinnerte mich nebenbei an jemanden; im Nachgang würde ich sagen, es war die Schwester von Clint Eastwood.

Auf dem Plan stand: Twin Peaks, Golden Gate Park, Meer sehen, evtl. Erdbeben und die berühmte Häuserzeile. Wir bekamen nicht alles, das mal vorneweg.

Zuerst marschierten wir zum Sportladen, der Zehenschuhe für Andreas bereithalten sollte. Leider sind sie in ihren Modellen nicht soweit, wie sie sollten, denn es passte leider keiner. Schaaaade. Na gut, dann weiter im Plan. Wir kommen an einem Organic Supermarkt vorbei, der von koscherem Ketchup bis Holzpicknickbesteck (bei dem der Baumkuschler selbstverständlich vor dem Fällen den Baum um Erlaubnis gefragt hat) alles hat. Wir entscheiden uns für albernen Honig in Bärenform, ominöses glutenfreies, roh, bio, veganes, getrocknetes Grünzeug, dass geröstet wurde und gewürzt wie frittierte Petersilie aussieht. (Leider habe ich „sassy spice“ erwischt und der Luftstrom geht mir noch heute morgen durch die Ohren. Abgesehen von der Schärfe, die mein Urteil etwas trübt, kann ich sagen, interessant bis lecker.)

Dann ab ins Auto auf zum Park. Das Wetter ist zum ersten Mal etwas grau-freuchtelig; für Museen ideal für outdoor Aktivitäten nicht ganz. Egal. Andreas hält es nicht aus bis nach oben zu fahren, er MUSS raus und das Foto machen: SF liegt uns zu Füssen – die Rückseite (siehe den Blick von Alcatraz 2010). Ich sehe in wässrige, glückliche Augen.

Auf dem Twin Peaks Gipfel treffen wir auf den Gipfel des touristischen Irrsinns. Während gefühlte 27.000 Menschen aller Länder den immer gleichen Ausschnitt ablichten, spielt in unserem Rücken ein von sich überzeugter Spraykünstler rotzige Beats und sprüht dazu unbeschreiblich ästhetikfreie Kitschbilder. Was beeindruckt, ist die „Generationen Gap“ – vorne Erwachsene und Kinder, hinter uns Teenies beim Krachkünstler. Wen interessiert schon ein unverstellter Blick auf Bucht und Stadt von San Francisco in dem Alter?

Am Golden Gate Park, parken wir an einer Mühle und sehen vorne das Meer. Der Sand ist unglaublich schmutzig und die Promenade im grauen Himmel etwas trostlos. Durchgepustet und auch ein bisschen durchgefroren beachten wir fasziniert die korodierte Ampel auf dem Weg zurück und wir sind uns einig, dass selbst bei schönstem Wetter der Dauerwind einen Strandtag nicht wirklich aufwerten würde.

Eine Spenderin, Mrs. Eleanor Rossi Crabtree, hat den Wiederaufbau der Hollandmühle ermöglicht. Leider kann man nicht rauf und die Hässlichkeit des Sockels macht einen sprachlos, also Frau Krabbenbaum, da wären doch noch ein paar Dollarse hilfreich gewesen!

Grinsend gurken wir im Park herum. Er ist wirklich riesig und es wird gejoggt, dass einem vom Zugucken das Herz pumpt. Die „Painted Ladies“ Häuser fallen aus, weil es zu spät wird und wir das Experiment mit „bad neighbourhood“ lieber überspringen. Erdbeben iss auch nicht mehr, eine Simulation der Sonderausstellung verspricht einzigartigen Kitzel, aber wir kommen ja noch mal wieder…

Wir haben wirklich den besten Platz mit unserem Motel. Links das Golo, rechts 3,5 Minuten zu Fuß der beste Sushiladen mit dem unvergleichlichen Mochi-Eis. Vielleicht ist es langweilig über Essen zu schreiben, weil Geschmack bekanntlich subjektiv ist und auch nicht fotografierbar ist, dennoch kann schlechtes Essen mehr als schlechte Laune verursachen und so müssen wir einfach unserer Begeisterung bei Herausragendem einfach Ausdruck geben.

Nach üppiger Speise der Bliss-Kategorie, wandeln wir zurück. Morgen sagen wir fürs Erste Ade San Francisco, aber ein letztes Bier aus dem Deli sei uns noch gegönnt: Alaska-Kölsch mit einem Orka drauf – Prost.

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