Kategorie-Archiv: San Francisco, Mendocino, Monterey 2012

Unser Kalifornien Aufenthalt 2012. Die ganz persönlichen Eindrücke von Andrea und Andreas Naurath

Boonville und raus auf’s Land!

Frühstück bei John, wir haben ein wenig Zeit zu plaudern und little John hat auch Dienst, sie verabschieden uns mit coolem Handschlag bzw. herzlichem Drücker. Dann packen, tschüss Motel und runter zum Comic-Museum mit kleinem Umweg in den SFMoma Laden. Diese Fülle, diese Pracht! Jedes zweite Buch und jeder dritte Gegenstand ein must have! Wie kommen wir hier je wieder raus?

Comicmuseum. Originalzeichnungen von MAD, Avengers, (Ironman sah wirklich doof aus), Garfield, Simpsons und und und. Schnuckelig und übersichtlich , auch Südamerikanische Werke, die wir nicht kannten.

Der Laden vollgestopft mit ZEUG, Gimmicks und Dingen, die man seinem ärgsten Feind nicht schenken möchte. Mein Sonnenbrand macht mir zu schaffen. Etwas dämlich, aber nicht unmöglich: auf dem Scheitel zwischen Pony und Hinterkopf. Ich hatte mich schon gewundert, warum das Haargummi meine Haare so straff nach hinten zieht, dass es auf dem Kopf kribbelt. Nach einem Blick in den Spiegel, war alles klar. Nun brauche ich auch eine Mütze, mal sehen, was Mendocino so im Angebot hat, heute sitzen wir ja nur im Auto….

Die Eindrücke des Cartoon Museums noch im Kopf, ging es auf die Piste. Natürlich über die Golden Gate Bridge – immer wieder nett über dieses heute ordentlich vernebelte Monument zu fahren.

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Auf der 101 war es leider recht voll, was unserer Laune aber keinen Abbruch tat, so hatten wir mehr Zeit aus dem Fenster zu gucken. Dann endlich runter vom Freeway in den Märchenwald – wunderschön auf der 128 in Richtung Mendocino. Weil ein menschliches Bedürfnis einen Zwischenstopp empfahl, landeten wir in Boonville – ja, das heißt wirklich so – vorher hatte es nur den Namen einer Straßenkreuzung: Junction 128/was auch immer 🙂 Für die Nichtzocker unter unseren Leserinnen und Lesern sei angemerkt, dass „Boon“ die umgedrehte Version von „Noob“ ist, was wiederum eine lautmalerisch verballhornte Version von „Newbee“ ist. In der Gamersprache ist das also jemand, der ganz neu ist und absolut keine Ahnung hat – na ja und die haben hier einen ganzen Ort für die Boons 🙂

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Ein wenig Appetit haben wir auch, also ab ins „Mis Potrancas Restaurant“. Was für eine Szene: ein praktisch leeres Restaurant mit etwa 14 Tischen, ein völlig gelangweilter Jugendlicher, der in immer gleicher Körperhaltung stoisch mit seinem Smartphone rumdaddelt und etwas aufgeregte junge Frauen – die vor der Küche herumwuseln.
Von weitem werden wir gefragt, ob wir hier essen wollen oder zum Mitnehmen? Das lassen wir uns nicht entgehen, also natürlich hier essen. Ich peile erst mal flott die Restrooms an – auf denen es kein Licht und einen nicht funktionierenden Schalter gibt – ich wieder raus und nach dem Licht gefragt, denn es war so stockfinster, dass ich absolut nichts sehen konnte. Um an den funktionierenden Lichtschalter zu kommen, muss man nämlich durch das ganze, dunkle Klo bis zum Ende des dunklen Raumes gehen, um ihn einzuschalten – praktisch!
Wir bekommen die Karten und werden von zwei Damen gleichzeitig bedient – Andrea fragt, ob das ihr erster Tag sei, was lachend bestätigt wird. Auf spanisch werden die Sätze souffliert und die „Neue“ fragt uns dann sie Sätze auf englisch. Der Salat und das Tortilla-Huhn sind ok – wobei wir die Langsamkeit entdeckt haben – man war hier so mit der Einweisung der „Neuen“ beschäftigt, dass für uns wenig Zeit blieb.
Im Post Office von Boonville ein paar Briefmarken für echte Postkarten gekauft und dabei erfahren, dass die Dame am „Window“ gerade in Europa war, sogar kurz in Düsseldorf, um mal in Deutschland gewesen zu sein. Das mit dem Window war besonders schön, weil die zwei Schalter nur ein einfacher, flacher Tresen sind und absolut keine Fenster oder Rahmen haben – aber dennoch steht auf dem Schild des geschlossenen Schalters „please next Window“.
Nun ist es nicht mehr weit – und wir überlegen, ob wir noch direkt nach Mendocino fahren oder gleich in „unser“ Häuschen am Waldrand. Wir entscheiden uns für letzteres, kaufen noch schnell drei Sachen im sündhaft teuren Deli ein und landen glücklich in Albion.
Ein tolles Appartement haben wir da erwischt, echt traumhaft – und ab ins Bett.

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Ein Häuschen im Grünen: wo sich Rotwild und Truthähne guten Morgen sagen – keine 30 Meter von unserer Terrasse entfernt.
Was für ein toller Anblick am Morgen, die Sonne scheint und dampft die Feuchtigkeit sichtbar aus dem Wald heraus, während sich die Wege eines Rotwilds mit Geweih und einer Truthahnfamilie kreuzen. Genauso stellen wir uns die Idylle vor. Da hier WLAN- und Telefonnetz freie Zone ist, werden wir nachher in Mendocino unser Blog absetzen.

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Sind im Moodys – nicht wundern, bis Samstag wird es wahrscheinlich nicht täglich ein Update geben, da wir immer extra ins Internetcafe müssen, aber wir schreiben alles auf – versprochen 🙂

Orca – Omelett – Oktagon

Mexikanisches Frühstück und Waffeln in Chestnut Street. Der Herr wählt einen Schichtberg mit „allem wo geht“: Tortillas, Bohnen, Ei, Salsa, Sour creme, Avocado. Die Dame hat das Süsse mit gerösteter Mandelbutter, sieht aber aus wie Ahornsirup. Trotzdem sehr genießbar.

 

Erste Amtshandlung ist das Oktagonhaus. Zwei typische American Ladies begrüßen uns mit Begeisterung und stürzen sich auf uns, um uns ihr Wissen zu vermitteln. Der Name verrät ja schon viel: ein achteckiges Haus, das beim Erdbeben von SF verschont blieb, hatte nur eine Seite eingebüßt. Wer es denn aufbaute und renovierte, ließ es versetzen! Ein imposantes Bild, wie das Holzhaus auf Stelzen und Rädern über die Straße geschoben wird. Wir lernen Details aus der Kolonialzeit: eine Walöl-Lampe kann die Zeit messen, Kerzen müssen in Holzkisten an der Wand hängen, damit Mäuse sie nicht fressen, Babies hatten schon Laufgeräte aus Holz mit einer ausgefeilten Mechanik, damit es in alle Richtungen flitzen konnte. Die Feuerwehr kam nur löschen, wenn vorher eingezahlt wurde und das erste Papiergeld musste man sorgfältig prüfen, weil auf der immer gleich großen Dollarnote stehen konnte: „entspricht  einem halben Dollar, oder entspricht zweihundert Dollar“. Wohl dem, der lesen konnte!

Holzdoppelbetten waren durch Schnur „gefedert“, die ab und zu wieder stramm gezogen werden mussten und das gesamte Bett konnte hochgeklappt werden, um mehr Raum zu schaffen. Das Handarbeitstischchen hatte eine untere Schublade mit Sack, in der das „project“, wie sie erläuterte, gelegt werden konnte. Sie erinnerte mich nebenbei an jemanden; im Nachgang würde ich sagen, es war die Schwester von Clint Eastwood.

Auf dem Plan stand: Twin Peaks, Golden Gate Park, Meer sehen, evtl. Erdbeben und die berühmte Häuserzeile. Wir bekamen nicht alles, das mal vorneweg.

Zuerst marschierten wir zum Sportladen, der Zehenschuhe für Andreas bereithalten sollte. Leider sind sie in ihren Modellen nicht soweit, wie sie sollten, denn es passte leider keiner. Schaaaade. Na gut, dann weiter im Plan. Wir kommen an einem Organic Supermarkt vorbei, der von koscherem Ketchup bis Holzpicknickbesteck (bei dem der Baumkuschler selbstverständlich vor dem Fällen den Baum um Erlaubnis gefragt hat) alles hat. Wir entscheiden uns für albernen Honig in Bärenform, ominöses glutenfreies, roh, bio, veganes, getrocknetes Grünzeug, dass geröstet wurde und gewürzt wie frittierte Petersilie aussieht. (Leider habe ich „sassy spice“ erwischt und der Luftstrom geht mir noch heute morgen durch die Ohren. Abgesehen von der Schärfe, die mein Urteil etwas trübt, kann ich sagen, interessant bis lecker.)

Dann ab ins Auto auf zum Park. Das Wetter ist zum ersten Mal etwas grau-freuchtelig; für Museen ideal für outdoor Aktivitäten nicht ganz. Egal. Andreas hält es nicht aus bis nach oben zu fahren, er MUSS raus und das Foto machen: SF liegt uns zu Füssen – die Rückseite (siehe den Blick von Alcatraz 2010). Ich sehe in wässrige, glückliche Augen.

Auf dem Twin Peaks Gipfel treffen wir auf den Gipfel des touristischen Irrsinns. Während gefühlte 27.000 Menschen aller Länder den immer gleichen Ausschnitt ablichten, spielt in unserem Rücken ein von sich überzeugter Spraykünstler rotzige Beats und sprüht dazu unbeschreiblich ästhetikfreie Kitschbilder. Was beeindruckt, ist die „Generationen Gap“ – vorne Erwachsene und Kinder, hinter uns Teenies beim Krachkünstler. Wen interessiert schon ein unverstellter Blick auf Bucht und Stadt von San Francisco in dem Alter?

Am Golden Gate Park, parken wir an einer Mühle und sehen vorne das Meer. Der Sand ist unglaublich schmutzig und die Promenade im grauen Himmel etwas trostlos. Durchgepustet und auch ein bisschen durchgefroren beachten wir fasziniert die korodierte Ampel auf dem Weg zurück und wir sind uns einig, dass selbst bei schönstem Wetter der Dauerwind einen Strandtag nicht wirklich aufwerten würde.

Eine Spenderin, Mrs. Eleanor Rossi Crabtree, hat den Wiederaufbau der Hollandmühle ermöglicht. Leider kann man nicht rauf und die Hässlichkeit des Sockels macht einen sprachlos, also Frau Krabbenbaum, da wären doch noch ein paar Dollarse hilfreich gewesen!

Grinsend gurken wir im Park herum. Er ist wirklich riesig und es wird gejoggt, dass einem vom Zugucken das Herz pumpt. Die „Painted Ladies“ Häuser fallen aus, weil es zu spät wird und wir das Experiment mit „bad neighbourhood“ lieber überspringen. Erdbeben iss auch nicht mehr, eine Simulation der Sonderausstellung verspricht einzigartigen Kitzel, aber wir kommen ja noch mal wieder…

Wir haben wirklich den besten Platz mit unserem Motel. Links das Golo, rechts 3,5 Minuten zu Fuß der beste Sushiladen mit dem unvergleichlichen Mochi-Eis. Vielleicht ist es langweilig über Essen zu schreiben, weil Geschmack bekanntlich subjektiv ist und auch nicht fotografierbar ist, dennoch kann schlechtes Essen mehr als schlechte Laune verursachen und so müssen wir einfach unserer Begeisterung bei Herausragendem einfach Ausdruck geben.

Nach üppiger Speise der Bliss-Kategorie, wandeln wir zurück. Morgen sagen wir fürs Erste Ade San Francisco, aber ein letztes Bier aus dem Deli sei uns noch gegönnt: Alaska-Kölsch mit einem Orka drauf – Prost.

Trophy moment + tears = Bliss

Andreas im Golo

Frühstück im Golo mit PB (gesprochen Piebie). Sie kümmert sich rührend um uns und ich darf Johns Brotscheiben mit Obst und Ahornsirup genießen. Andreas bekommt ein Omelett, das glücklich macht. Dann zeigt PB uns den Brief, den ich ihnen vor 1,5 Jahren geschickt habe. „It means a lot to him“, erklärt sie uns. Boah, das rührt. Den anderen Brief hätte er auch irgendwo. Dann kommen deutsche Touristen und PB stellt uns ihnen vor – sie sind aus Koblenz. Als ich rheinisch mit ihnen rede und sage, dass ich aus Bonn bin, bin ich im Ranking gestiegen. By the way –PB ist nicht die Abkürzung von Paula-Beth oder Patty-Boo, nein es steht für Peanut Butter – was für eine Liebeserklärung.

Dann geht’s ab nach Chestnutstreet.

Im Applestore entdecke ich eine Mathe App – Math Bingo, das ist was für meine Mathe-Legastenie und Frog Minutes verspricht im Grünen Insekten fangen, Frösche finden und füttern, während Andreas ominöse Adapter findet, mit denen alles mit allem kompatibel ist. Toll. Eine Mutter will sich bei der Beratung nicht stören lassen und drückt ihrem 1,5 Jahre alten Kind ihr iPhone in die Hand mit der Übersicht der letzten Fotos und gibt ihm dem Auftrag „See, if you can find Daddy“ und der Kleine greift selbstverständlich zu und fängt versiert an zu suchen. OMG. Was wird mit denen, wenn die zwanzig sind?!

Auf dem Weg zurück zum Hotel denken wir, wie spannend es wäre mal in die Wohnungen der Leute hier zu sehen. Wunsch abgeschickt, prompte Antwort:

Monika schreibt sie hätte heute Zeit, ob wir nicht nach Berkeley kommen wollten? Museum für 30$ pro Nase oder mal anderes sehen? Wir kommen. Navi-Susi leitet uns über die Brücke und wir sehen die Ausfahrt nach Yerba Buena, jener Ort, an den Hutchinson Hatch beinahe verfrachtet worden währe, wo Dr Shrink ihn in Empfang nehmen wollte, wenn ihn Professor Dr Dr Dr van Dusen nicht gerettet hätte (Insider für den Saub und alle Fans des Hörspiels).

Berkeley ist wirklich überzeugend. Wohngegend mit kleinen pittoresken Häusern, die irgendwie doch das Gefühl vermitteln, die meinen das nicht ernst hier, das sind nur Ferienhäuser oder Filmkulissen. Kaffee im Hippy Gypsy, wo wir von der Ladenmutter mit Peace Geste entlassen werden, nachdem der Sohn, ein echtes Hagrid Double, uns abkassiert hat.

Andrea vor dem Hippy Gipsy Fahradständer bestrickt

Dann treffen wir Monika in ihrem Appartement mit Katze und echtem 50iger Jahre Charme in der Küche. Sie führt uns zu einem netten Platz mit Essens-Trucks, wo organic aus aller Welt genossen wird. Es riecht verführerisch, aber wir sind auf Sushi eingestellt.

Die Berkeley roll ist in neongrünes Sojapapier gewickelt und schmeckt himmlisch. Dann sind wir gemütlich gequatscht und wollen zurück. Monika leitet uns noch zum Hafen mit Sonnenuntergang und dramatischer Wolkenkulisse.

Danach Bug Fix in Monikas Appartement– irgend was zwischen iPhone und Computer.

Es ist 22:30 Uhr und die Augen werden schwer. Wir verabschieden und herzlich mit dem Versprechen wiederzukommen.

Rückfahrt durch Mission District. Tagsüber so gut wie keine Homeless People. Nun im traurigen wahrsten Sinne des Wortes sind die Straßen von San Francisco hier gepflastert mit Menschen in Schlafsäcken. Ein bitterer Moment und definitiv kein Ort zum durchspazieren..

Nach alter Manier fünf Fotos, die ich nicht gemacht habe (siehe 2010):

  1. der quietschgelbe Thunderbird von 1969, frischgeputzt, der SF zu einem echten Themenpark macht
  2. das Pärchen im Auto, das Chips essend nicht fernsieht, sondern die Skyline von SF am Wasser von Berkley (man steigt zu sowas nicht aus und geht da etwa spazieren!)
  3. Ausfahrtschild nach Yerba Buena
  4. den witzelnden Verkäufer mit einer Frisur wie Tante Käthe (ehemaliger Fussballer), aber ausgewachsen, mit Schnurrbart UND Bundfaltenhose, wie er die XXXXL Hosen von Männern faltet, die seine Hose als Pulswärmer tragen würden
  5. das Plakat für den Tierwaschservice mit einem gezeichneten Doggy mit Schaum auf dem Kopf
  6. das anthrazit-lehmverputzte Haus mit einem Zaun, als würden dort Rehe im Vorgarten gezüchtet werden

Im Motel hat man uns erhört; wir haben doch wieder zwei – nein vier!-  Päckchen Kaffee für die Kaffeemaschine bekommen, offenbar hat mein Bezirzversuch bei der Reinigungskraft gefruchtet. Und drei neue kleine grüne Paradekissen sind auf dem Bett erschienen – warum auch immer. Die letzten beiden kühlen Biere vermischen sich mit der Sirene draußen. Nightynight, folks.

Wir haben beides: Country und Western

Frühstück im Underground, (siehe 2010) nach guter alter Tradition. Das W-Lan will nicht. Dafür schreiben wir, dass die Schwarte kracht. Erste Fotos und Texte wandern auf die Plattform. Dann runter zum Hafen. Der Klassiker. Ein Muss. Aufs Wasser glotzen, breeze deep, dem Kormoran beim Fischen zusehen. Zen.

Weiter im festen Programm: Fisherman’s Wharf steht noch und wir stellen fest, Nap-Town kann wunderbar sein. Nachdem wir uns die Oxygene-Bar erklären ließen – mit einem frisch aufgeheizten Kerne Kissen auf den Schultern, wussten wir wie die Wassermassage funktioniert ohne nass zu werden, probierten wir mysteriöse Reizstromgeräte, die die Schultermuskeln zucken ließen und die Verkäuferin betonte, dass sie ÜBERALL gut tun. Sie tue das praktisch täglich. Dann erhalten wir einen weiteren Einblick in amerikanische Verkaufskunst: wir können zwei Massagen für umme haben UND eine viertel Stunde Oxygene Bar-schnüffeln, wenn wir für – nein, nicht 170$, nein, das würde sie uns nicht antun, sondern für schlapppe 110$ den Reizstromgenerator überlassen – eigentlich ungern, weil sie ihn so lieb hat.Wir sind entzückt und suchen das Weite.

Erster Kauf: Andreas hat ne Mao Mütze und der asiatische Verkäufer ist umgehend neidisch, als Andreas sie aufsetzt.

Zweiter Kauf: WTF-Bonbons. WTF!

Dritter Kauf: Wallmart erfreute uns mit Sunblocker 100 (warum wir das nicht haben??) und Nasenspray.

Nachmittag: erfinde folgende Filmszene und stelle sie Dir vor: wir sitzen auf einer Dachterrasse bei einem Glas Stella Bier. Unten ist die Endstation der Cablecar, wo wir fotografieren, wie sich Touristen fotografieren, während ein fremder Chihuahua zu unseren Füssen pennt, weil es hier gemütlicher als bei Frauchen ist und auf der Kreuzung ein Asiate ein benzinbetriebenes ferngesteuertes Rennauto zwischen den Schienen auf der Straße rasen lässt. Das alles wäre fast normal, wenn nicht neben uns der Fahrradverleiher von unten eine Pause einlegte und mit einer Lupe seinen frischgekauften „…“ (der Spender genießt gerade ein Bier & Buch nebendran) in einer Glaspfeife anzündet und einen Hustenanfall bekommt. Nach der versprochenen Einwirkzeit erklärt er seiner dazugekommenen Kollegin, daß der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist, dass Männer wissen, wann sie was wollen, und Frauen denken das nur….okeeeeeeee. Wenig später: (quote) „When I’m slammed, it’s rediculous“. – Maybe he is right. We found the Dude spot. Ich wiederhole: das Leben ist schön. Noch ein tiefer Atemzug von rechts und wir sind auf gleicher Welle, jedenfalls sind wir schon kurz vor Lachanfall. Links sitzt ein Typ, der seinen Mitesserinnen (wir sind in einem indischen Restaurant, eigentlich, aber man muss sich selbst bedienen, wenn man innen an den Billardtischen vorbei ist) in die großen Themen der Welt einführt: Deutsche, Drogen, Gott und Kreditnummern. Soll ich noch weiter ausführen wie es drinnen aussieht? DDR war posh dagegen.

Nach ca. 3 Stunden insider Programm brauchten wir Erholung. Gucken und geniessen nennen wir ab heute Zen-Kategorie. Visualisieren könnte man es mit kleinen Atomen, die immer näher zusammenrutschen, je intensiver wir Dinge erlebt haben. Die Erlebnisdichte auf diesem Flecken war max. auf der Richtskala, nicht mehr zu überbieten heute. Doch wir hatten uns geirrt.

Printed Cheap Vinyl Backdrops Backgrounds for Photography

Auf dem Rückweg kraxelten wir die Lombardstreet nach oben und weiter bis zu unserer Querstraße. Damit haben wir auch sportlich alles gegeben, was in unserer Macht stand. In der Straße eine Serie kryptischer Botschaften. Scheint ein Projekt zu sein. Bibelzitate, Liebeserklärungen, Formeln. Oder ein Paraleluniversum – wer weiß? Der Hund (wir nehmen an es war ein Hund) „Achou“ hat eine Grabplatte in der Straße an seinem Lieblingsbaum bekommen. Interessante Parkverbotsschilder, von Selbstgebasteltem bis profan Gespraytem ist alles vertreten. An der Tür der esoterischen und astrologischen Praxis (die schon länger dicht ist, wie man an den Mengen an Post hinter der Glastür zu erkennen ist, die unter der Tür durchgeschoben worden war) hängt eine Kontaktadresse für Notfälle – mal schnell auf eine Papier CD Hülle geschrieben und an die Tür damit.

25 Meter von unserem Motel ist das Golo, wo wir letztes Mal John kennnen gelernt haben (siehe 2010). Morgens hatten wir durchs Fenster geguckt und kein John war zu sehen. Draußen hing eine neue Karte und Boutique stand da. Huch – ist da ein anderer eingezogen? Jetzt abends noch mal ein prüfender Blick durch die Scheibe, wie erwartet war es geschlossen, aber wer steht drin? Tadadaaaa. Ungläubig kommt er und weiss sofort wer wir sind. Er schließt uns lachend in die Arme und freut sich wie sich einer nur freuen kann. “Welcome back home!“. Und genau so fühlt es sich an. Er bäckt gerade das Brot für morgen, zeigt uns stolz seine Arbeitsergebnisse und hat auch Andreas Quadro-Fotos vom iPhone nicht vergessen. Wir plaudern eine Weile, PB säubert akribisch einen Toaster im Hintergrund. Wir verabreden uns zum Frühstück und ich will ihm die Hand geben. John tut empört und drückt mich kräftig in seinem breiten Amerikanisch „She is about to do the handshake – you are family!“.

Wir nennen das ab heute einen trophy moment. Das Leben ist wunderschön. Ohne Abendbrot kippen wir überwältigt um 21:30 Uhr Ortszeit ins Bett. Noch Fragen?

Notes from Underground

Zum Frühstück gehen wir wg. Wi-Fi ins „Notes from Underground“. John vom Café Golo scheint den Laden abgegeben zu haben, aber das bekommen wir noch heraus.
Auf dem Weg wieder ein Motiv aus der Serie „Men at work“.

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Und nun ein leckeres Omelett und ein Müsli für Andrea. YUMMY 🙂

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Über den großen Teich – oder fliegen sie doch mal kurz nach Kanada für 30 Minuten

San Francisco 2012

Wir sind recht früh aus dem Bett gefallen – ich für meinen Teil war wieder mal recht „hibbelig“ und wachte mehrfach in der Nacht auf.
Nicht mal etwas essen konnte ich, was sonst morgens recht gut geht.
So sind wir recht zeitig los – und konnten dadurch direkt zum CheckIn ohne jede Wartezeit.
Das Flugzeug sollte etwas später kommen, und wir wurden erst gegen 10:00 Uhr ins Flugzeug gelassen, obwohl wir eigentlich schon um 09:35 in der Luft seien sollten.
Nachdem alle im Flieger saßen, wurden wir ein weiteres Mal vertröstet: der Jetstream sei heute besonders stark und wir hätten extremen Gegenwind – daher müsse eine neue Flugroute gefunden werden. Das dauerte auch wieder eine ganze Weile. Als es dann hieß, es ginge los, wurde uns eine gute und eine schlechte Nachricht angekündigt: die schlechte: wir müssen zwischenlanden – die Güte, das ist in Kanada. Na, das ist doch auch was. Wir waren noch nie in Kanada. Allerdings werden wir da nur aufgetankt und dann geht es weiter.

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Wir landeten in Gander – ein ganz kleiner Flughafen auf NO-Neufundland. 30 Minuten dauerte das Auftanken – etwas spookey war die Ansage, dass wir beim Auftanken auch ja wirklich nicht rauchen sollten – also in dem Tenor: „Jetzt aber bitte wirklich nicht rauchen“ – wobei das paffen auf dem Lokus um die 2.000$ kostet 🙂
Zeitlich waren wir nun etwas verwirrt – die iPhones und das iPad schalten die Zeitzone zwar um, aber die Abflugzeiten werden ja immer vom Zielort angegeben.
Ob wir unseren Anschluss nach SF noch schaffen, war also nicht sicher. Und das obwohl wir eigentlich über drei Stunden Zeit zum Umsteigen hatten.
Endlich angekommen, so gegen 15:20 Ortszeit waren wir optimistisch es noch zu schaffen. Und 17 Uhr sollte es weitergehen. Und tatsächlich ging es recht flott an der Passkontrolle. Auf den Screen in der Abfertigungshalle flimmerten sympatisch gemachte „Welcome“-Videos, als Kontrast daneben aktuelle Nachrichten mit dem Desaster in Denver…
Auch beim Zoll wurden wir zügig abgefertigt – es lief einfach super. Und dann sprinteten wir zur Gepäckaufgabe. Dort angekommen, meinte der nette Koffer-Manager das wir uns beeilen sollen. Wir legten eine Zahn zu (wie mein Vater es formuliert hätte) und hetzten weiter durch das Gebäude in Newark. Fast angekommen… Nun mussten wir natürlich noch mal durch die Sicherheitskontrolle – auch das ging schnell.
Und nun stellt Euch vor, wie der massige Andreas im Sprint mit großer Mühe und rutschender Hose seinen Gürtel wieder einfädelt. Mein Quantum für „Blamiere Dich täglich“ war erfüllt 🙂
Nun schnell zu Gate 79, nach München? Der Flug war nach Gate 83 verlegt worden – und wieder renn-renn-renn. An Gate 83 angekommen wurde gerade Boarding Gruppe sechs aufgerufen – unsere Gruppe. Das nenne ich Timing!
Wir waren sehr froh es geschafft zu haben. Da die Wetterbedingungen aber auch hier alle Flugpläne umgeworfen hatten mussten wir 1,5h auf dem Rollfeld warten – das war sehr sehr nervig 🙁
Der Flug war dann auch recht anstrengend, zumal die Sitze auf dem Inlandsflug auch wesentlich enger gebaut waren. Die Ankündigung der Landung war dann auch eine echte Erlösung für mich.
Hier in SF haben sie in den letzten Jahren mächtig am Flughafen gebaut – haben es kaum wiedererkannt. Sieht alles super aus und ist fast unüberschaubar groß. Da stieß mir gleich unser Berliner Nicht-Flughafen übel auf.
Auto geholt und ab ins Motel, auf der Fahrt einen tollen Mond gesehen – so groß erscheint er bei uns nie – na ja es ist hier ja auch viel südlicher…
Superschnelles WLAN im Motel – prima, wenn’s sonst nicht funktioniert – so wie in dem Café in dem ich gerade sitze – können wir wenigstens später unsere Berichte übertragen.

Ein Ehepaar erzählt einen Witz oder ein Ehepaar schreibt einen Blog.

Da jeder so seine Schwerpunkte hat und definitiv eine eigene Schreibe, bieten wir dieses Mal USA in Stereoskopie in rot und blau. Farbwunsche können geäußert, aber nicht berücksichtigt werden.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Das A-Team

SF 2012

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Der Tag fängt mit einem Flughafentee in retro an. Die Boardingkarten in der Hand, alles auf Anfang Tag 1 – Hurraaa, es geht los!

Soll ich noch berichten, dass zwischenzeitlich die heiligen Aufkleber auf den Reisenpässen, die man NICHT verlieren darf, weg waren? Adrenalinstart gleich am Anfang.

Warten, warten und dann geht’s los. Drei Filme haben wir geschafft, englischkurs zum Einstimmen, und ich bekomme immer wieder das Vegetarische Spezialmenü , dabei heiße ich nicht Bersch und habe normal bestellt. Loriot hätte seine Freude gehabt.

Fantastische Sicht auf die Spielzeuglandschaften unter uns. Dann die Ansage, dass wir Zwischenstop machen werden. Letztes Mal gab es Vulkan, diesmal Winde.

Neufundland bietet das, was man sich so bei Canada von oben so vorstellt: Tannennadelnspitzenwälder, Wasserflächen und Grün gemixt wie ein Filzteppich und dazwischen lila-verrostete Wassertümpel wie aufgetropfte Lötstellen auf der Erde. Faszinierend.

Der kleine Flughafen erinnert an Tempelhof, aber der Tower und das Flughafengebäude eher an eine fröhliche Farm mit Drive-In Charakter. Nach einer halben Stunde tanken geht es weiter, wir wären gerne mal ausgestiegen. Die Landebahn ist kurz und wir machen Dampf auf, um die Piste optimal zu nutzen.

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Als wir endlich in New York landen, trifft uns für drei Minuten Übergang vom Flieger in die Halle der Feucht-heiße Klimahammer: 30°C und 90% Luftfeuchtigkeit. BOUM! Draußen ist kein Wetter, sondern graue Suppe, vielleicht auch ein bisschen Smog. Ein Grund mehr, warum uns NY nur locken würde, wenn wir mal unsere Freundin Judith oder Al besuchen würden.

Wir wissen, dass unsere Zeit zum Umsteigen von gemütlichen drei Stunden auf 45 Minuten geschmolzen ist. Eine interessante Herausforderung. Über die geräuschlosen Einwanderer Teppichen socken durch wir durch die Flure um uns Anzumelden. Der Boden vibriert von den Herden abgefertigter Leute. Ach nein, es sind meine Füße, die noch Flugzeug simulieren. Wie bei Seefahrern die an Land schwanken, gaukelt mir mein Körper noch Flugfeeling vor. Nun pressierts. Klo muss sein, Fingerabdrücke, Stempel – wir sind drin!

Jetzt die Koffer holen, Zoll, re-checkin unseres Gepäcks und Nacktscanner. Auf los geht’s los!

Wir kürzen Schlangen ab, befragen Mitarbeiter auf Rolltreffen, hoppeln zum Kofferrondell.

Unsere Schwarzen Doppelpacks kommen wie unsere Haustiere per Pfiff zahm um die Ecke, auf dem Rollband entgegen- SCHNAPP! – weiter im Schweinsgalopp zum Zoll. Acht Großfamilien vor uns mit Gepäcktürmen, mit denen man einwandern könnte—äh vielleicht tun sie das gerade. Bitte, bitte, Beamtenblick auf den Zollwaschzellel: – nix zu verzollen, sie glauben uns. Ohne Umwege zum re-checkin – noch 12 Minuten.

Der dünne, drahtige Koffer-Sortierer fragt mich mit souliger Stimme: „Deeestineeeschan?“ Wir antworten San Francisco. „You gatta hurry, folks“ lässt er uns wissen. Für mich ist es wie ein Startschuß zum nächsten Dauerlauf – „Leave the suitcase here, Mam!“ – Beinahe hätte ich ihn wieder mitgenommen. So nun aber: noch 9 Minuten. International ist groß und uns steht noch der Sicherheitscheck bevor. Schlangen über Schlangen. Mit geübtem Blick erfassen wir, wo die schnellsten Abfertiger stehen. Eine Geräuschkulisse wie in der Arbeitshalle im Film Metropolis, wenn es Ton gegeben hätte. Rufe, Plastikwannen, Anfeuerungen schneller zu machen, Schuhe aus! – uns ist das nur Recht. Alles flutscht, mit geübten Handgriffen alles wieder an seinen Platz zu stopfen, Andreas zieht im Rennen den Gürtel wieder durch die Hose.

Am Gate steht MÜNCHEN? Nee da wollen wir nicht wieder hin, die hilfsbereiten Damen am Counter werfen uns eine neue Zahl entgegen, ich höre noch „They’re good“, das beruhigt mich wenig, aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Noch 3 Minuten. Durch die Klimaanlagenfahrten sind wir durstig, aber keine Zeit was zu trinken zu kaufen. Da – unsere Schlange, schon mächtig kurz – „Group number 6 ready to board“ – exakt unsere Gruppe, rein und sitzen. Phew!

Aber es dauert noch 1,5 Stunden bis wir abheben, da wir keine freie Bahn kriegen. Durst.Im Flugzeug ist die Air Condition aus, es pustet ein dünnes Lüftchen. Durst. Körpertemperatur gefühlte 42° und nix zu trinken. Durst! Ich wusste nicht, dass Fingerspitzen schmerzen können, wenn man anfängt zu dehydrieren. „We can start the engines in a couple o’ minutes, then we cool you down, folks“ lässt uns der Captain wissen. Ohja bitte! „Thank god“ seufzen die Reihen kollektiv auf. Nach einer weiteren halben Stunde in der Luft gibt es Snacks zu kaufen, dann ENDLICH was zu trinken. Die Kopfschmerzen lassen langsam nach, die Füße pumpen, der Hintern feuchtgeschwitzt. Ein Baby schreit, eiskalte Cola und ein Trashfilm. Das Leben ist schön.
In dem ganzen Wahnsinn erheitert uns der „Schniselkatalog“ nach dem Motto „Was wir haben, brauchen sie noch“ und setzen auf die Einkaufsliste diesen formschönen Antistresshelm. Wer auch einen möchte, wir haben noch Platz im Koffer.

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Nach weiteren 5,5 Stunden Flug in der Sardinenbüchse (das Abendbrot bestand aus 8 Päckchen E225, E34; E118, E9987 – wahlweise mit Zucker als Dragees verkleidet oder Cracker mit Schmierkäse) landen wir so steif wie ein Plastiklöffel im Gefrierfach. Raus, einfach nur raus.

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San Francisco riecht diesmal nach Waschmittel, süßen (verschiedenen) Raumbeduftern und eine Prise Salzluft irgendwo im Hintergrund. Gerüche finde ich in Ländern immer faszinierend. Unser Auto ist diesmal schwarz ohne ominösen Kunst-Kirschduft, auch wenn uns der verkaufsstarke Jack auch Radjiinampour (oder so) doch noch mal um 200$ leichter gemacht hat, weil Andreas angeblich in kein Auto passt. Egal. Ich glaube, das wird ein wichtiges Wort, stelle ich fest.

Unsere schwarze Karre glänzt anthrazitfarben und draußen ist es schon schwarze Nacht. SF begrüßt uns mit einem riesigen Fingernagel-Mond klar umrissen wie aus dem Himmel geschnitten und wir sausen unserem Motel entgegen. Die brandneue ipad-App-Navi-Susi schleust uns lässig über die mehrspurigen Straßen, bis wir auf unser Kingsize Motelbett plumpsen. Essen ist nicht mehr. Um 22:30 Uhr werden die Bürgersteige hochgeklappt – Sushi fällt aus, der einzige Wermutstropfen, aber ein Sixpack Rolling Rock und Cheddar-Sandwich beim Deli umme Ecke tun es auch. Und dann, nach 25 Stunden unterwegs sein, gute Nacht, bis morgen.